Verteilnetze: Wie die Herausforderungen des Systemwandels bewältigt werden können

Der Ausstieg aus dem Betrieb konventioneller Kraftwerke (Kernenergie, Braun- und Steinkohle) in einem für langlebige Netzinfrastrukturen sehr engen Zeitrahmen setzt die Übertragungsnetzbetreiber in die Pflicht, dafür zu sorgen, dass ein Systembetrieb weiterhin stabil mit bekannten Zuverlässigkeiten und Verfügbarkeiten erreicht werden kann. Dazu müssen die Verteilnetze „funktionieren“, das heißt, Systemaufgaben übernehmen und Beiträge zur Systemstabilität leisten.

 
Verteilnetze

Grafik: Fette

Diese Aufgabe unterscheidet sich fundamental von der bisherigen Rolle, Kundenanlagen anzuschließen und mit Leistung (Energie) zu versorgen. Zukünftig besteht die Aufgabe darin, ein funktionierendes System in Absprache oder nach Vorgaben mit anderen Netzbetreibern koordiniert zu betreiben, das alle notwendigen Beiträge zur Führung des Gesamtsystems ermöglicht – vom Netz zum System. Im Gesamtsystem übernimmt das Verteilnetz Aufgaben zur Sicherstellung der Stabilität!

Übertragungsnetzbetreiber müssen daher sicherstellen, dass Verteilnetze funktional korrekt alle Systemzustände (Normalbetrieb, gestörter Betrieb, Wiederherstellung, Beherrschung von Großstörungen) aktiv unterstützten, denn zukünftig werden die Kraftwerke, die diese Rolle bisher übernommen haben, nicht mehr zur Verfügung stehen. Dieses Funktionieren muss zeitnah in den einzelnen Verteilnetzunternehmen erreicht werden, da mit diesem „Erreichen“ ein Umbau der Netzgesellschaften, der Netze und aller Dienstleistungen in den Netzen einhergeht. Die aktuellen Verteilnetze können das derzeit nicht leisten. Der bisher diskutierte Umbau der Netze hin zu Smart Grids ist dabei nur ein Teilaspekt!

Stichpunktartig hier weitergehende Anforderungen :

  • Stabile Teilnetze (Verteilnetzebene) sind für ein stabiles Verbundnetz die Grundlage dafür, dass das Übertragungsnetz auch dynamische Vorgänge bei größeren Störungen beherrschen kann.
  • Das Zusammenwirken aller Erzeugungsanlagen erfordert „passende“ Regelkonzepte, die zukünftig auch den Beitrag dezentraler Erzeugungsanlagen erfordern.
  • Inselnetz-Fähigkeiten von Teilnetzen sind Voraussetzung für Stabilität im Verbund.
  • Jede Anlage muss ihren Beitrag leisten, um die Dämpfung des Systems zu erhalten – in allen Betriebsphasen.

Grundlage dafür sind die bisher verfügbaren VDE|FNN Technische Anschlussregeln (TAR) 4130, 4120, 4110, 4105, 4100 sowie 4141. Die VDE|FNN TAR setzen EU-Grid-Code-Verordnungen um, sie sind seit dem 27.04.2019 rechtsverbindlich umzusetzen.

Verteilnetze

Grafik: Fette

Der aktuelle TAR-Ansatz – basierend auf den EU-Grid-Code-Verordnungen – stellt die Einzelanlage mit ihren Fähigkeiten in den Vordergrund. Die notwendige Systemsicht ist in den TAR nicht adressiert. Allerdings unterstützen die nach den neuen TAR-konformen Anlagen jetzt mit ihren Eigenschaften die Bildung von Systemeigenschaften – eine Aufgabe, die Verteilnetzbetreiber im Netzanschlussmanagement umsetzen müssen.

Bereits erkennbare systemstabilitätsgefährdende Aspekte müssen schnell behoben werden, um nicht später Anlagen mit falschen oder zumindest unzureichenden Eigenschaften im System zu haben, was im Netzanschlussmanagement von den Verteilnetzbetreibern zu berücksichtigen ist.

Die Erfüllung / Gestaltung von Stabilitätsanforderungen stellt die Verteilnetze vor fundamental neue Herausforderungen, die aktuell weder

– technisch
– organisatorisch und
– vertragsrechtlich

abgebildet sind und zu den neuen Anforderungen der TAR ergänzt werden müssen.

Der Gesetzgeber wird zeitnah ergänzende Verordnungen erlassen, die

  1. die vollständige Nutzung der TAR im Netzanschlussmanagement voraussetzen,
  2. eine weitergehende Gestaltung der Verteilnetze mit allen Stabilitätsanforderungen fordern,
  3. vertraglich fixierte Absprachen mit vor- und nachgelagerten Netzbetreibern erfordern.

Als Voraussetzung sind die Anforderungen der EU-Grid-Codes sowie der VDE|FNN TAR in den Unternehmen umgesetzt und können nun zur Gestaltung der Stabilitätsaspekte im Verteilnetz genutzt werden.

Die aktuellen Herausforderungen wie z.B. die Integration von E-Fahrzeugen in das Netz sind aus dieser Sicht nicht nur eine „Kapazitätsfrage“ sondern eine Herausforderungen zur Sicherung der Stabilität im Verteilnetz, da diese Fahrzeuge auf das System dynamisch rückwirken und erheblichen Einfluss nehmen. Netzbetreiber sollten schon jetzt daran denken, dass ihre vorhandenen Berechnungswerkzeuge im Unternehmen das nicht abbilden können.

In den zukünftigen Ausgaben dieser Rubrik auf energie.blog werden wir die Themen detailliert besprechen und Hinweise zur Lösung geben. Sie umfassen die Bereiche:
– Netzanschlussmanagement mit Umsetzung der Life-cycle-Anforderungen
– Netzführung / Netzbetrieb
– Primär- und Sekundärtechnik
– Steuerungs- und Regelungsaufgaben
– Organisation / IT-Systeme

Packen wir es an!

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